Montag, 10. Februar 2014

Der Zauberladen von Herrn De la Vega

Mitten in der Provinzhauptstadt San Juan, auf einer belebten Geschäftsstraße zwischen vielen anderen Geschäften, befindet sich der unglaublichste Eisenwarenladen, den ich je gesehen habe. Auf kleinstem Raum untergebracht, ist das Geschäft vollgestopft mit allen möglichen und auch unmöglichen Eisenwaren, Werkzeugen, Elektrobedarf und sogar einigen Küchengeräten.



Als wir dort vorbeigingen, können wir es nicht anders: wir mussten unbedingt da rein und ein Foto machen. Wir waren natürlich höflich, und es zeigte sich, dass Herr De la Vega, der Ladeninhaber, sehr gern und ausgiebig über seine Schätze redete. Er posierte für ein paar Fotos, ließ uns nicht nur in den Laden, sondern öffnete etliche Schubladen, erzählte uns alles über deren Inhalt, wusste die Preise aller angefassten Artikel und konnte über Vergleichs- und Alternativprodukte Auskunft erteilen.


Der Laden hat drei Gänge, also sechs bis unter die Dachdecke reichende Schubladenregale aus Blech. Die Schubladen sind nur wenige Zentimeter breit und hoch, aber bis zu 45 Zentimeter tief. Dort wird alles aufbewahrt: Nägel, Schrauben, Reisszwecken, Vorhängeschlösser, Feilen, Zangen, Kabel, Heißklebepistolen, Dinge, von denen ich keine Ahnung habe, wofür sie gut sind.



Herr De la Vega ist 70 und Rentner - eigentlich. Denn er kann nicht aufhören zu arbeiten. Er betreibt den Laden seit seinem 12. Lebensjahr, da stellte ihn sein Vater vor der Alternative, sich für ein Studium oder für eine Arbeit zu entscheiden. Er fragte nach einem Job und bekam die Schlüssel ausgehändigt: ab Montag, 8 Uhr, ist das Dein Laden. Sein Vater begleitete ihn noch einige Jahre, aber bald hatte er übernommen und führt das Geschäft bis heute. Er würde gern aufhören, erzählte er, findet aber keinen Nachfolger. Das Problem: in seinen Regalen finden sich Waren im Wert von einer Million Dollar. Es kommt also darauf an, einen verständigen Käufer zu finden, der langfristig plant und im Prinzip den Laden zu seiner Lebensaufgabe macht.



Nach der langen Unterhaltung, der Führung durch alle Winkel und der Erzählung seiner Lebensgeschichte konnten wir nicht weggehen, ohne wenigstens einen kleinen Kauf zu tätigen. Da kann es gerade recht, dass ein Vorhängeschloss im Stall kaputtgegangen war. Wir besorgten einen adäquaten Ersatz, bedanken uns und ließen Herrn De la Vega in seiner wundervollen Eisenwarenwelt zurück.

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